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Neuer offener Sternhaufen in Sonnennähe entdeckt

19. Juni 2018


Wissenschaftler des Heidelberger Sonderforschungsbereichs SFB881 konnten mithilfe von Beobachtungen des Gaia Satelliten einen neuen offenen Sternhaufen im Abstand von etwa 550 Lichtjahren von der Sonne entdecken. Ungewöhnlich ist dabei vor allem die gemessene Altersstruktur der Sterne.

V1062Sco
Abbildung 1: Lage des neu entdeckten offenen Sternhaufens V1062 Sco, rechts vor der 12CO Karte von Tachihara et al. (2001). Der Radius des roten Kreises beträgt 26 Lichtjahre in einem Abstand von 571 Lichtjahren (175 Parsec) von der Sonne, und entspricht damit ungefähr dem Umfang der Gruppe.

Als 2013 die ESA Satellitenmission Gaia startete, hofften Wissenschaftler weltweit auf neue Erkenntnisse bei der Erforschung unsere Galaxie. Und sie wurden nicht enttäuscht. Schon mit der ersten Veröffentlichung der wissenschaftlichen Daten 2016 wurden die Positionen, Bewegungen und Entfernungen von etwa 2 Millionen Sternen deutlich genauer als jemals zuvor vermessen.

Wissenschaftlern des Sonderforschungsbereichs SFB881 „das Milchstraßensystem“ an der Universität Heidelberg und dem Max-Planck-Institut für Astronomie ist es mit ihren Kollegen nun gelungen, anhand dieser Daten einen bisher unbekannten offene Sternhaufen in der Umgebung der Sonne zu identifizieren. Offene Sternhaufen sind Ansammlungen von Sternen, die zudem gravitativ aneinander gebunden sind. Man geht davon aus, dass diese Sterne etwa gleichzeitig entstanden sind. Seitdem bewegen sie sich mit gleicher Geschwindigkeit durch den Raum.

Offene Sternhaufen sind relativ junge Objekte (mit einem typischen Alter von 500 Millionen Jahren), da sie sich unter dem Einfluss der Gezeitenwirkung der Milchstraße früher oder später auflösen. „Die Beobachtung von Sternhaufen erlaubt uns einen hervorragenden Einblick in die Geburtsbedingungen dieser Sterne und lässt Rückschlüsse über die Entstehung und Entwicklung von Sternen und der Milchstraßenscheibe zu“, erläutert Elena Schilbach vom Zentrum für Astronomie an der Universität Heidelberg.

Mit den von Gaia aufgenommenen Daten konnten die Wissenschaftler nun die Sterne in der Umgebung der Sonne deutlich genauer untersuchen. Sie stießen dabei auf einen bisher unbekannten jungen Sternhaufen in etwa 550 Lichtjahren Entfernung innerhalb der sogenannten Scorpius-Centaurus-Assoziation. Erst mit den präzisen Messungen der Gaia-Mission war es möglich, die Geschwindigkeitsabweichungen der 63 zugehörigen Sterne mit der notwendigen Genauigkeit zu untersuchen und den Sternhaufen als solchen zu erkennen.

Der neu entdeckte Sternhaufen überrascht dabei gleich mehrfach: Zum einen befindet er sich in einer Region mit eher geringer Gas- und Staubdichte, was für einen so jungen Haufen eher untypisch ist. Zum anderen variiert das Alter der zugehörigen Sterne zwischen 4 und 25 Millionen Jahren. Bislang geht man davon aus, dass sich die Sternentstehung aus einer kollabierenden Molekülwolke auf einer sehr kurzen Zeitskala abspielt, die gemessene Altersdifferenz der Sterne spricht dem entgegen.

„Mit der im April 2018 veröffentlichten neuen Version des Gaia-Kataloges lassen sich die Positionen und Geschwindigkeiten von über 1 Milliarde Sternen um das bis zu zwanzigfache genauer bestimmen. Sollten sich unsere Ergebnisse damit bestätigen lassen, werfen diese Resultate ein neues Licht auf die Sternentstehung in Molekülwolken“, erklärt Siegfried Röser, einer der Autoren der Studie. Die Wissenschaftler hoffen dabei nicht nur auf eine noch genauere Bestimmung der Sterne in dem nun gefundenen offenen Sternhaufen, sondern auf die Entdeckung zusätzlicher Sternhaufen in der weiteren Umgebung der Sonne. Damit wollen sie den offenen Fragen nach der Geburt und Entwicklung der Sterne weiter auf den Grund gehen.



Ergänzende Information:

Die hier präsentierten Ergebnisse wurden in Röser et al., A new compact young moving group around V1062 Sco im Fachjournal A&A veröffentlicht.
Federführende SFB-Wissenschaftler des Forschungsprojektes sind dabei Siegfried Röser (Landesternwarte und Astronomisches Rechen-Institut, Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg), Elena Schilbach (Landesternwarte und Astronomisches Rechen-Institut, Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg), Bertrand Goldman (Max-Planck-Institut für Astronomie) und Thomas Henning (Max-Planck-Institut für Astronomie).

Diese Arbeit wurde im Rahmen der Unterprojekte B5 und B6 des Sonderforschungsbereiches SFB 881 "Das Milchstraßensystem" der Universität Heidelberg durchgeführt. Sonderforschungsbereiche sind langfristige Projekte zur Grundlagenforschung, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bis zu einer Dauer von 12 Jahren gefördert werden.

Unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, ist eine Spiralgalaxie und damit ein typischer Vertreter der Galaxien im heutigen Universum. Aufgrund unserer Lage innerhalb der Milchstraße bietet sie uns eine einzigartige Möglichkeit zur Untersuchung der physikalischen Prozesse bei der Entstehung von Galaxien. Die am SFB881 beteiligten Wissenschaftler untersuchen seit 2008 die Entstehung und Evolution der Milchstraße und ihrer Umgebung.

Der SFB 881 befindet sich am Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) und umfasst Wissenschaftler des Astronomischen Rechen-Institut (ARI), dem Institut für Theoretische Astrophysik (ITA) und der Landessternwarte Königstuhl (LSW). Die beteiligten außeruniversitären Forschungseinrichtungen sind das Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) und das Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS). Darüber hinaus beteiligt sich das Haus der Astronomie (HdA), um die Forschungsergebnisse des SFBs der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

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thesis

SFB-Wissenschaftlerin Clio Bertelli Motta verteidigte erfolgreich ihre Doktorarbeit zum Thema: "Auswirkungen der Sternentwicklung auf die chemische Zusammensetzung der Oberfläche von Sternen anhand des offenen Sternhaufens M67"

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DFG

Kontakt:

Dr. Renate Hubele
Öffentlichkeitsarbeit
Sonderforschungsbereich SFB 881 "Das Milchstraßensystem"
Tel: 06221 528-291
hubele(at)hda-hd.de

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